Ein Besuch bei Gericht ist ein typisches Element des Gemeinschaftskundeunterrichts. Mit zwei Klassen aus der KFZ- und der Maschinenbauabteilung (R3PW3 und M1VF2), Herrn Bischoff, Frau Seyb und Frau Herzer waren wir im Juli 2018 bei einer Strafsache im Schöffengericht. Wir wussten nur, dass es um Betäubungsmittel in nicht geringer Menge ging, alles Weitere erfuhren wir erst am Prozesstag.
Nach einer Einweisung von der Justizsekretärin zum korrekten Verhalten bei Gericht, begann der Prozess. Da der Angeklagte aus Albanien stammte, war ein Dolmetscher die ganze Zeit anwesend und übersetzte simultan. Die Leistung des Übersetzers war für uns sehr beeindruckend.
Der Angeklagte verstrickte sich in Widersprüche, sodass weder das Gericht noch wir als Zuschauer nach einiger Zeit an die ehrliche Darstellung des Mannes glaubten, der immer wieder behauptete, er sage die Wahrheit.
Bei der Beweisaufnahme musste unter anderem geklärt werden, welcher der beteiligten Täter welchen Anteil an dem Drogendeal hatte. Mehrere Polizisten sagten zu der Festnahme aus, bei der der Angeklagte die Flucht ergriffen hatte. Die Frage, wer die Tüte mit den Drogen bei sich trug, spielte für das Gericht eine wichtige Rolle. Der Fall an sich war durchaus spannend, aber die genaue Klärung dieser Frage zog sich sehr in die Länge. Hier merkten wir, dass wir nicht an einem Gerichtsprozesse im Fernsehen teilnahmen, der für die Zuschauerspannung durchgeplant ist. Die hölzernen Zuschauerbänke in dem öffentlichen Prozess sind leider alles andere als bequem und als sich die Beweisaufnahme hinzog litten unsere Hinterteile gewaltig unter diesem Umstand.
Der Angeklagte stritt immer wieder ab, der Täter zu sein, und tat so als sei er durch Zufall in die Sache hineingeraten. Als der viel jüngere zweite Täter in Handschellen den Raum betrat und sich herausstellte, dass die beiden sogar entfernte Verwandte waren, zerbrach die Glaubwürdigkeit des Angeklagten endgültig. Niemand nahm dem über 30-jährigen ab, dass er sich von dem jungen Mann sagen ließe, was er zu tun habe.
Der etwas bärbeißige und aufgrund der widersprüchlichen Darstellung des Angeklagten leicht missmutige Staatsanwalt empfahl dem Angeklagten zuzugeben, was er getan hatte. Aber er kam mit seinen Empfehlungen nicht durch.
Das Schlussplädoyer der Verteidigerin war – aus unserer Sicht – sehr gut. Aber das Gericht entschied nach seiner Beratung – entgegen der Einschätzung der meisten Anwesenden – für zwei Jahre und drei Monate Haft ohne Bewährung. Der Angeklagte hatte sich mit seinem Verhalten so unglaubwürdig gemacht, dass das Gericht ihm letztlich kein Wort mehr glaubte. Nach dem Prozess standen uns der Staatsanwalt und der Richter noch für ein Gespräch zur Verfügung. Die Erläuterungen zur Drogenkriminalität waren aufschlussreich. Vielen Dank dafür!